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Vernichtungskrieg Buchbesprechungen: Johannes Hürter (Hrsg.): Notizen aus
dem Vernichtungskrieg – Die Ostfront 1941/42 in den Aufzeichnungen des
Generals Heinrici, Darmstadt 2016, 248 S. Wer den Klappentext auf dem Buchdeckel dieser Edition zur
Kenntnis nimmt, der fühlt sich an die späte DDR erinnert. In tadellosem
realsozialistischem Duktus wird über „kriminelle“ deutsche Pläne referiert
und genußvoll Gerechtigkeit angedeutet, denn der „Vernichtungskrieg“
habe auch „die deutschen Aggressoren“ getroffen. Über die weitere politische
und militärische Vorgeschichte des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion,
wie sie etwa jüngst Bernd Schwipper herausgearbeitet hat, erfährt der Leser
weder hier noch im Buch etwas anderes als die längst überholte Deutung, das
sei ein „Überfall“ gewesen. Auch die Einordnung der Person des Generals Heinrici folgt dem vorgegebenen Muster. Johannes Hürter legt Wert auf die Feststellung, der General sei
Antisemit gewesen. Daß er mit einer „Halbjüdin“
verheiratet gewesen sei, spreche nicht dagegen, heißt es dann, denn die sei
schließlich protestantisch-deutsch sozialisiert gewesen. (S. 15 f.) Heinrici sei das Schicksal der Juden trotz der Herkunft
seiner Frau „egal“ (S. 16) gewesen. Auch sonst hätten alle in Heinricis Umgebung und in den deutschen Streitkräften
diesen auch auf Heinricis Offizierssöhne
übertragenen „Makel“ schlicht „ignoriert“. Was normalerweise Anlaß
zu differenzierenden Betrachtungen gegeben hätte, wird vom Herausgeber Hürter auch im Weiteren konsequent selbst ignoriert. Von
der Gliederung her zerfällt die Edition in drei Teile. Anders als im Titel
angegeben, sind auch Aufzeichnungen aus den Jahren 1915-1940 und 1942-1945
enthalten und füllen etwa ein Drittel des Buchs. Nachkriegsaufzeichnungen
werden bewußt ignoriert, da Hürter
ihnen sämtlich apologetische Züge unterstellt. So entsteht insgesamt ein
buntes Sammelsurium an willkürlich zusammengestellten und fast sämtlich
gekürzten Aufzeichnungen Heinricis, die lediglich
eines gemeinsam haben: Daß Johannes Hürter sie irgendwie für passend hielt. Diesem abenteuerlichen Konzept einer Textedition steht selbst der
Herausgeber skeptisch gegenüber. Er meint im Vorwort, daß
„mancher Spezialist“ die Kürzungen bedauern „und vielleicht sogar der Auswahl
insgesamt mißtrauen“ würde. (S. 24) Es sei aber
alles im Bundesarchiv einsehbar und prüfbar. Das ist wohl wahr, doch ist es gerade der Sinn einer Edition,
eben diesen Weg ins Bundesarchiv zu ersparen, den weiterhin jeder gehen muß, der sich ernsthaft mit Heinrici
beschäftigen will. Zweifellos wäre es wichtig und nützlich gewesen, gerade Heinricis Aufzeichnungen von der Ostfront 1941/42
tatsächlich vollständig herauszugeben. Was in den von Hürter
gestrichenen Passagen alles steht, darüber kann an dieser Stelle nur
spekuliert werden. Es wird wohl viel dabei gewesen sein, was nicht ins begrenzte
Weltbild gepaßt hat.
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