Vernichtungskrieg Besprechungen: Peter Longerich:
Heinrich Himmler - Biographie, München 2008 Peter Longerich
hat sich 1035 Seiten Raum genommen, um eine Biographie Heinrich Himmlers zu
verfassen. Eine wissenschaftliche Biographie soll es sein, die eine
vielbeklagte Forschungslücke schließen soll. Dieses Vorhaben ist sowohl
gelungen wie auch gescheitert. Es ist gelungen, insofern die Aktivitäten des
Reichsführers-SS als solchem aufgezeigt werden. Longerich schreibt eine
Geschichte der SS aus der Perspektive Himmlers, und er tut dies umfassend,
wie dies angesichts der Fülle des ausgebreiteten Materials auch kaum anders
sein kann. Himmlers immer neue Anläufe, die SS mit neuen Aufgabenfeldern
auszustatten, stellt er in den Mittelpunkt. Den Versuch, eine eigene
Rüstungsindustrie zu gründen, den Ausbau des Konzentrationslagersystems, die
Ausdehnung der Polizeiaktivitäten, die Judenverfolgung und -ermordung, die
Siedlungspolitik, die Aufstellung der Waffen-SS-Einheiten sind solche
Anläufe. Insgesamt stellt Longerich fest, daß Himmler mit seinen Versuchen
vielfach gescheitert ist. Insbesondere seine Industrie- und Siedlungspolitik
endeten frühzeitig im Desaster. Wo er erfolgreich gewesen sei, da sei es um
Mord und Unterdrückung gegangen. Trotz des Umfangs
der Darstellung bleibt die Person Himmler bei Longerich merkwürdig blaß,
ebenso sein Umfeld. Die höheren SS- und NSDAP Ränge wiederholt als
"gescheiterte Existenzen" darzustellen oder anhand von Mutmaßungen
darzutun, wie der eine den anderen angeblich für einen Schwächling gehalten
habe, führt doch nicht recht weiter. Auch sind solche Beurteilungen nicht
immer ganz nachvollziehbar, wie etwa die Einstufung von Theodor Eicke, den
Himmler zum Kommandanten des Konzentrationslagers Dachau machte und der
vorher im bürgerlichen Leben stellvertretender Leiter des Werksschutzes im
Ludwigshafener Werk der IG Farben gewesen war, immerhin der damals größte
zusammenhängende Industriekomplex Europas. Manch vulgärpsychologische
Mutmaßungen über Himmler als emotional "zurückgeblieben" oder
"in einer Traumwelt" lebend, ziehen den Text zu sehr ins
Spekulative. Man hätte sich auch ein Sachregister gewünscht. Insgesamt ein
Werk von schwankender Qualität.
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