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Vernichtungskrieg

Buchbesprechungen:

Reiner Möckelmann: Franz von Papen – Hitlers ewiger Vasall, Darmstadt 2016, 480 S.

Über das merkwürdige Verhältnis zwischen dem deutschen Diktator und einem seiner unmittelbaren Vorläufer auf dem Stuhl des Regierungschefs ist schon viel geschrieben und spekuliert worden. Franz von Papen gehörte zweifellos zu den Hauptverantwortlichen für die institutionelle Erschütterung der Weimarer Republik, für Hitlers Regierungsantritt und den danach folgenden Übergang zur Diktatur. Er diente dem Regime, das ihn schnell aus dem Zentrum der Macht verdrängte und im Sommer 1934 seinen Privatsekretär Edgar Jung ermordete, trotzdem als Botschafter in der Türkei fast bis zum Ende. Zugleich schaffte er es, sich eine Distanz zu bewahren, die ihm im Nürnberger Hauptprozeß gegen „Göring und andere“ 1946 einen Freispruch einbrachte und es ihm sogar möglich machte, in der Nachkriegsbundesrepublik rechthaberisch um seine vollständige Rehabilitierung zu kämpfen.

Das ist so abenteuerlich wie es klingt. Reiner Möckelmanns Darstellung dieses Lebens, so viel sei gesagt, gelingt zunächst einmal besser, als der Untertitel vermuten läßt. Papen war etwas anderes als ein „Vasall“, das wird deutlich. Möckelmann gehört auch nicht zu den Rechthabern und weist im Nachwort auf die großen Lücken hin, die seine Arbeit hat und die nur durch Einsicht in Papens Privatkorrespondenz mit seinem lebenslangen Freund Alexander von Falkenhausen, in die Archive der alliierten Außenministerien und die noch gesperrten Dokumente des türkischen Außenministeriums geschlossen werden könnten. Bekanntlich versuchte Papen als deutscher Botschafter in Ankara alles, um Friedensinitiativen zu starten. Die Details darüber sind jedoch nicht bekannt.

Möckelmann arbeitet als Hobbyhistoriker, aber als Diplomat, der die Bundesrepublik Deutschland ebenfalls schon in Ankara vertreten hat, als Leiter der Wirtschaftsabteilung in der dortigen Botschaft. Die gesetzten Schwerpunkte sind sicher teilweise diesem beruflichen Hintergrund zuzuschreiben. Die Idee zum Buch hatte der Autor bei einer Begegnung mit einem Porträt Papens in der Botschaft von Ankara, wie er schreibt. Die Biographie ist teilweise chronologisch aufgebaut und setzt mit einer sehr knappen Darstellung von Papens Leben und Handeln vor 1933 ein. Einzelne Schwerpunktkapitel sind Papens Haltung zum „Widerstand“, dem Verhältnis von „Kreuz und Hakenkreuz“ und Papens Kampf um seinen Ruf im Nachkriegsdeutschland gewidmet. Insgesamt ist das lesenswert und informativ. Über das eine oder andere Fehlurteil kann man hinwegsehen. So hat Möckelmann das Motiv für die intensive Memoiren-Auseinandersetzung Papens mit dem früheren französischen Botschafter in Berlin, Francois-Poncet von beiden Seiten nicht erkannt. Aber das ist ein anderes Kapitel.