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Vernichtungskrieg Stichwort: Historikerstreit Mitte der 1980er Jahre
geführter öffentlicher Streit über die Geschichtspolitik der Bundesrepublik
Deutschland. Der Streit wurde von Jürgen Habermas eröffnet, der die vier
Historiker Andreas Hillgruber, Ernst Nolte, Michael Stürmer, Klaus Hildebrand
in einem Beitrag für die Wochenzeitung "Die Zeit" beschuldigte,
nationalsozialistische Verbrechen relativieren zu wollen. Dahinter stecke die
Absicht einer geschichtspolitischen Wende, so Habermas. Die vier Angegriffenen wiesen
die Beschuldigungen zurück und konnten Habermas zahlreiche Fehler in der
Sache nachweisen. Habermas erhielt dennoch breite Unterstützung aus den
Medien, unter anderem von Rudolf Augstein, dem Chef des Nachrichtenmagazins
Spiegel. Danach uferte der Streit weiter aus und beschäftigte einige Monate
die deutsche Öffentlichkeit. Im Kern drehte sich die Auseinandersetzung
darum, ob die Geschichte der NS-Zeit unter dem Aspekt der
"Verstehbarkeit" geschrieben kann, den vor allem Ernst Nolte in
seinen Arbeiten hervorgehoben hatte. Nolte ging unter anderem von einem
"verstehbaren" Antibolschewismus der führenden Nationalsozialisten
aus. Andreas Hillgruber schrieb Arbeiten aus der Perspektive des deutschen
Frontsoldaten von 1945 und fand Verständnis für dessen weiteren Kampf. Dies sei
moralisch unzulässig, so Habermas und seine Anhänger. Im Kern der
Geschichtsschreibung über die nationalsozialistische Ära müsse Auschwitz
stehen und die dahin führenden oder - wie der Kampf der Soldaten - indirekt
den Holocaust ermöglichenden Handlungen seien nicht aus einer verstehbaren
Perspektive zu beschreiben. Kennzeichnend für den
Historikerstreit war unter anderem die latent apologetische Haltung, die von
der Habermaspartei gegenüber dem Stalinismus
eingenommen wurde. Kein Vertreter dieser Seite fand distanzierende Worte zu
den Massenverbrechen der stalinschen Ära. Hier wurde
die Übernahme realsozialistischer Geschichtsdeutung bereits erkennbar, die
nach 1990 zunehmend das Geschichtsbild der Bundesrepublik prägte. Zugleich
mangelte es am Willen zur sachlichen Argumentation. Immanuel Geiss, damals Professor an der Universität Bremen:
"Der Blick zurück auf den Historikerstreit braucht trotz allem nicht im
Zorn zu erfolgen, eher in Trauer über so viel verlorene Illusionen. Die
letzte war der Glaube an die demokratische Gesinnung und die Rationalität
jenes Teils der Linken, der sich an Habermas orientiert." Literatur: Geiss, Immanuel: Der Hysterikerstreit,
Bonn 1992 Historikerstreit, Die
Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der
nationalsozialistischen Judenvernichtung, München 1987
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