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Vernichtungskrieg

Buchbesprechungen:

Stefan Scheil: 707. Infanteriedivision – Strafverfolgung, Forschung und Polemik um einen Wehrmachtsverband in Weißrußland, Aachen 2016, 120 Seiten

Wie unterschiedlich man an ein ähnliches Thema herangehen kann, zeigt der Vergleich von Walter Posts Studie über die Wehrmacht mit der hier zu besprechenden Arbeit von Stefan Scheil. Auch bei Scheil steht die 707. Infanteriedivision im Focus. Anders als Post legt er jedoch das Hauptgewicht der Untersuchung auf die Strafverfolgung der Nachkriegszeit und die wissenschaftliche Debatte um die Division.

Scheil räumt hier mit der Legende auf, die deutschen Justizbehörden hätten in der Nachkriegszeit wenig oder nichts zur juristischen Aufarbeitung des Geschehens um die 707. Inf.-Div. in der Sowjetunion unternommen. Aufgrund seiner Recherchen in der  Zentralen Ermittlungsstelle für NS-Verbrechen in Ludwigsburg vollzieht Scheil die entsprechenden Prozesse nach. Dabei kann er in einer spannend zu lesenden Weise aufzeigen, daß die Morde, die der 707. Inf.-Div. heute von der Forschung meist angelastet werden, juristisch wie historisch eindeutig den verschiedenen nationalsozialistischen Dienststellen in Zivilverwaltung und SS zuzuschreiben sind. Die Täter gaben reichlich und teilweise wohl unfreiwillig Zeugnis von ihren Taten ab und feierten sich bei Gelegenheit dafür. Von den Vorwürfen an die Division bleibt wenig übrig. Es war völlig gerechtfertigt, daß Divisionskommandeur von Bechtolsheim stets nur als Zeuge vernommen wurde.

Anders als Post verzichtet Scheil auf einen ‚Freispruch‘ für die Wehrmacht. Auch die 707. Inf.-Div. konnte es nicht immer vermeiden, in die Verbrechen mit einbezogen zu werden. Die Divisionsführung wurde Zeuge des Holocaust in Weißrußland und sah das mit Entsetzen, was Scheil besonders anhand des Tagebuchs des Regimentskommandeurs Andrian nachzeichnen kann. Das macht die Sache zu einer düsteren Angelegenheit, in der es keine absoluten Freisprüche geben kann, aber eben auch keine platten Anklagen von Personen geben darf, wie es in den letzten Jahrzehnten häufig vorgekommen ist. Wie seine Historikerkollegen dafür mit verantwortlich waren, und welchen Irrtümern sie aufgesessen sind, zeigt Scheil plastisch auf. Wer künftig über die Wehrmacht in Weißrußland reden will, kann an diesem Buch nicht vorbei. 

K.J.