Vernichtungskrieg Stichwort:
Friedensangebote Jeder
zwischenstaatliche Militärkonflikt endet entweder mit einem Kompromiß der
Gegner oder mit der Vernichtung einer der beiden Kriegsparteien. Damit ein
Kompromiß zustande kommen kann, muß eine der beiden Parteien ihre
Friedensbereitschaft signalisieren. Daraus kann die Gegenpartei entnehmen,
daß die friedensbereite Seite sich von einer weiteren Auseinandersetzung
keinen Vorteil mehr verspricht. Jedes Friedensangebot ist daher auch ein
Eingeständnis der Schwäche. Zwischen 1939 und
1945 gab es Friedensangebote mit dem Ziel eines Kompromißfriedens nur von
deutscher Seite. Neben verschiedenen anderen zwischenzeitlichen
Friedenssignalen wurde den Alliierten praktisch nach jedem militärischen
Erfolg ein entsprechender Vorschlag zugeleitet. Insbesondere fand dies nach
Ende des Polenfeldzugs statt, nach den ersten militärischen Erfolgen an der
Maas im Mai 1940 und noch einmal nach Ende des Westfeldzugs im Juli 1940. Der
Inhalt dieser letzten Vorschläge wurde dem englischen Botschafter in
Washington, Lord Lothian übergeben, und von ihm als "überaus
befriedigend" eingestuft. Die Alliierten deuteten jeden
Kompromißvorschlag jedoch letztlich als Zeichen der Schwäche und lehnten
Gespräche schließlich ab. Am Ende stand die öffentliche Forderung nach der "bedingungslosen"
Kapitulation, also der Schaffung eines völlig rechtsfreien Raums in
Deutschland, in dem die Alliierten nach den Worten Winston Churchills die
"freie Verfügung über Land, Freiheit und Leben" haben wollten. Die
Friedensangebote des Deutschen Reichs zwischen 1939 und 1945 werden in der
einschlägigen Literatur häufig als "Propaganda" gewertet.
Tatsächlich lehnten die Alliierten es jedoch gerade wegen des ernstgemeinten
Inhalts ab, den Wert der deutschen Gesprächsvorschläge zu testen. Neville
Chamberlain
fürchtet(e) im Herbst 1939 "ein deutsches Friedensangebot mehr als einen
Luftangriff", wie er bald nach Kriegsbeginn schrieb. Sein Nachfolger Churchill gab deshalb die Losung
von "absoluter Stille" aus, die gegenüber jedem deutschen
Kontaktversuch zu bewahren sei. Zugleich gab er den Inhalt der
Kontaktversuche verfälscht an die Washingtoner Regierung weiter. Das kompromißlose
Verhalten der deutschen Kriegsgegner bis hin zur Forderung nach der
bedingungslosen Kapitulation Deutschlands kennzeichnet den Zweiten Weltkrieg
als einen Vernichtungskrieg. Literatur: Bernd Martin:
Friedensinitiativen und Machtpolitik im Zweiten Weltkrieg 1939-1942,
Düsseldorf 1974 Stefan Scheil:
Von der Ablehnung eines guten Angebots - Moderne Rüstung, moralischer
Widerstand und nationale Identität, in: Scheil, Fünf plus Zwei, Berlin 2005,
S. 486 ff
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