Vernichtungskrieg Stichwort:
Deutsches Reich Das Deutsche
Reich wurde am 18. Januar 1871 im Pariser Vorort Versailles gegründet und im
Spiegelsaal des Versailler Schlosses proklamiert, wo sich die meisten
deutschen Staatsoberhäupter während des französisch-deutschen Krieges von
1870/71 und der Belagerung von Paris aufhielten. Die Verfassung
des Deutschen Reichs behielt das Prinzip des Deutschen
Bundes
bei, ein Staatenbund und ein Bund der deutschen Fürsten zu sein. Das Prinzip
der Volkssouveränität wurde damit abgelehnt. Allerdings enthielt die
Verfassung des Deutschen Reichs mit ihren Bestimmungen über das allgemeine
und gleiche Wahlrecht für den künftigen Reichstag wesentliche Zugeständnisse
an die Volkssouveränität und stellte in dieser Hinsicht das damals modernste
Wahlrecht in Europa dar. Gleichzeitig wurden durch die Verfassung
Institutionen geschaffen, die dem Reich in manchen Bereichen den Charakter
eines Bundesstaats gaben. Die Frage, ob das Reich insgesamt ein Staatenbund
oder ein Bundesstaat gewesen sei, wurde und wird von der
Geschichtswissenschaft kontrovers diskutiert. Da Österreich dem
neugegründeten Reich nicht beitrat, verstärkte die Reichsgründung von 1871
die zuerst 1866 vollzogene Teilung des historisch-ethnisch definierten
deutschen Territoriums. Andererseits gehörten seit 1871 mit Elsaß-Lothringen
sowie den preußischen Provinzen Westpreußen-Ostpreußen frühere Teile
Deutschlands zum Deutschen Reich, oder kamen wie die preußische Provinz Posen
neu zu einem sich als deutschem Hauptstaat verstehenden Staatsverband hinzu.
Dies führte zu Erklärungen der politischen Vertreter der dortigen polnischen
Bevölkerung, nicht auf Dauer zum Deutschen Reich gehören zu wollen und damit
zu einem grundsätzlichen deutsch-polnischen Konflikt. Das Deutsche
Reich erhielt nach der Novemberrevolution von 1918 eine neue, republikanische
Verfassung, die allerdings den Staatscharakter der Bundesstaaten beibehielt.
Da sämtliche deutschen Monarchien durch die Revolutionen am Kriegsende
gestürzt worden waren, fiel zeitgleich der Grund für die deutsche
Teilung
von 1866 weg. Das Sudetenland, die spätere Republik Österreich und Südtirol
proklamierten sich als Deutschösterreich und wollten der Weimarer Republik
beitreten, wie das Deutsche Reich jetzt oft genannt wurde. Als die
Siegermächte diese deutsche Wiedervereinigung verboten, sprach Österreichs
Bundeskanzler Renner von der "Zweiten deutschen Teilung". Die Weimarer
Verfassung wurde 1933 nach dem Amtsantritt der NS-Regierung durch das
sogenannte Ermächtigungsgesetz eingeschränkt, blieb aber gültig. Das
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland übernahm 1949 Teile dieser
Verfassung und geht daher von der Weiterexistenz des Deutschen Reiches aus,
wie mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichts feststellten. Diese Fragen nach
der Weiterexistenz des Deutschen Reiches und seinen Grenzen sind Gegenstand
kontroverser Debatten. Die Problematik entstand 1945, da die alliierten
Siegermächte die deutsche Regierung am 23. Mai 1945 verhafteten, ohne eine
politische Kapitulation des Deutschen Reichs unterzeichnen zu lassen. Auch
die Erklärungen der Siegermächte über die Übernahme der Regierungsgewalt in
Deutschland und ihre als Potsdamer Abkommen bezeichnete Erklärung zu
weiteren politischen Fragen enthielten keine Angaben über das Deutsche Reich
und bestritten seine weitere Existenz nicht. Sie verwendeten statt dessen jeweils den völkerrechtlich bedeutungslosen
Begriff "ganz Deutschland". Eine historisch-völkerrechtliche
Analyse legt das Ergebnis nah, daß das Deutsche Reich in seinen zuletzt
allgemein völkerrechtlich anerkannten Grenzen vom 31. August 1939 juristisch
weiterbesteht, da kein Bevollmächtigter des so verfassten Staates je der
Verringerung seines Terrtoriums oder seiner Auflösung zugestimmt hat und die
alliierten Erklärungen und Abkommen von 1945 diese Auflösung ebenfalls nicht
einseitig feststellten oder verfügten.
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