Vernichtungskrieg Stichwort:
Volk In der Geschichte
der gesamtdeutschen Demokratie- und Freiheitsbewegung spielt der Begriff
"Volk" eine zentrale Rolle. Zum Wohl des deutschen Volks wurde von
ihr ein einiger, freier und demokratischer deutscher Staat angestrebt. Sowohl
die Weimarer Verfassung als auch das Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland berufen sich auf diese Tradition. Das deutsche Volk ist der
Souverän der Bundesrepublik. Das Wohl des deutschen Volkes ist das Staatsziel
der BRD. Jedes Regierungsmitglied muß sich diesem Ziel bis heute per Eid verpflichten. Das Volk wurde
und wird in beiden Verfassungen als Abstammungsgemeinschaft verstanden. Zum
deutschen Volk gehört demnach jeder Mensch, der von Deutschen abstammt,
unabhängig davon, wo er geboren wurde. Ein Mensch, der zwar auf deutschem
Boden geboren wurde, aber nicht von Deutschen abstammt, gehörte nach den
Verfassungen von 1919 und 1949 nicht automatisch zum deutschen Volk. Das Volk als
historisch gewachsene Abstammungsgemeinschaft zu sehen, ist eine gemeinsame
europäische Tradition, die sich aus der historischen Entwicklung ergeben hat.
Die europäischen Völker sind in Jahrhunderten entstanden und haben ihre
jeweiligen Eigenschaften entwickelt. Dies war häufig der Anlaß für Staatsgründungen.
Dem Entschluß zur Gründung des ersten deutschen Reichs gingen beispielsweise
im Jahr 841 die sogenannten Straßburger Eide voraus. Dort leisteten
die Brüder Ludwig - der Deutsche und Karl - der Kahle jeweils einen Eid in
der Landessprache des anderen, also Ludwig auf französisch und Karl auf deutsch. Die Trennung des bisher vereinten fränkischen
Reichs wurde somit symbolisch mit vorhandenen völkischen Unterschieden
begründet. Als politische
Kraft wurde das Volk in der Ära von Feudalismus und Absolutismus stark
eingeschränkt. Erst die Luthersche Reformation, das Aufklärungsdenken des 18.
Jahrhunderts und dann die Romantik ließen bis um 1800 zunächst das
"einfache Volk" und schließlich das gesamte Volk zum wichtigsten
politischen Mittel und Zweck werden. Im damals staatlich dezentral
organisierten Deutschland spielten dabei Kultur und Sprache eine größere
Rolle als in zentralisierten Staaten wie etwa Frankreich. Nach dem Ende des alten deutschen Reichs im Jahr 1806 wurde die Forderung nach einem
neuen und einigen deutschen Staat erhoben. Er sollte das ganze deutsche Volk
umfassen und daher territorial in etwa identisch mit dem alten Reich sein.
Dieser Anspruch wurde erst vom zweiten deutschen Reich unter der
nationalsozialistischen Diktatur im Jahr 1938 eingelöst. Unter den Rufen
"Wir sind das Volk!" und "Wir sind ein Volk!" wurde 1989
für die kleindeutsche Einigung demonstriert. Aufgrund der deutschen
Teilungen
stellt das deutsche Volk derzeit dennoch in zwei Staaten die
Bevölkerungsmehrheit. In anderen Staaten leben deutsche Minderheiten,
teilweise auf dem Gebiet des Deutschen Reichs. Das Volk war als
Abstammungsgemeinschaft zu keiner Zeit eine starre Einheit. Es fanden
teilweise langdauernde Wandlungsprozesse statt, bei denen zum Beispiel viele
Angehörige westslawischer Völker Deutsche wurden, aber auch Deutsche in
anderen Ländern ihre Identität aufgaben. Das Volk ist nicht identisch mit Rasse oder Nation. Als in langen Zeiträumen
gewachsende Einheit steht das Volk seit der industriellen Moderne
unvermeidlich in Konflikt mit schnellebigen nationalen und multinationalen
Interessen aus Politik und Wirtschaft. Literatur: Jürgen Mirow: Die
Geschichte des deutschen Volkes, Gernsbach 2004 Karl Dietrich
Erdmann: Die Spur Österreichs in der deutschen Geschichte - drei Staaten,
zwei Nationen, ein Volk?, Zürich 1989 Ed. Heyck:
Deutsche Geschichte - Volk, Staat, Kultur und geistiges Leben, 3 Bd.
Paderborn 2012 (Nachdruck der Ausgabe von 1905)
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